Wer seine Immobilie verkaufen möchte, steht vor der zentralen Frage: Soll man es wagen, seine Eigentumswohnung oder das Haus privat zu verkaufen oder soll man nicht besser einen Fachmann, eine Fachfrau hinzuziehen? Also einen Immobilienmakler?
Ein Immobilienverkauf ist
eine komplexe, inhaltlich anspruchsvolle und obendrein sehr zeitraubende Sache.
Es geht schließlich für die meisten Verbraucher um den größten Vermögenswert,
den man zu bieten hat. Bestimmte Fehler macht man da häufig nur einmal im
Leben. Deshalb wollte Immowissen.com
im Gespräch mit dem Fachbuchautor, Immobilienexperten und Co-Gründer von
Bottimmo Georg Ortner wissen: Worauf muss man achten? Wie erkenne ich einen richtig
guten Makler?
Immowissen.com: Lieber Herr Ortner, wie erkenne ich als Immobilieneigentümer einen guten Makler?
Georg Ortner: Punkt eins ist immer eine informative Webseite. Echte Immobilienprofis, die jahrelang im Geschäft sind, haben Erfolgsdokumentationen und in vielen Fällen auch eine echte Beschreibung ihrer Leistung.
Immowissen.com: Was sollte so eine Leistungsbeschreibung auf der Homepage eines Maklers beinhalten?
Georg Ortner: Im Wesentlichen sollte der Makler eine Art Leistungsgarantie bieten. Er sollte also prägnant mindestens in Stichworten beschreiben, was er tut, um eine Immobilie bestmöglich zu verkaufen. So eine Garantie kann man aber nur bieten, wenn man den Kunden, also den Immoblienverkäufer, komplett versteht. Hierfür muss man sich zunächst einmal die Gründe vergegenwärtigen, warum überhaupt jemand eine Immobilie auf den Markt werfen will. Die vier Hauptgründe für einen Immobilienverkauf sind: familiäre, gesundheitliche, berufliche oder finanzielle Veränderungen.
Immowissen.com: Können Sie das noch etwas konkretisieren? Beispiel: Jemand hat zusammen mit seinen Geschwistern in Stuttgart-Botnang ein Haus im Wert von 1,5 Millionen Euro geerbt und möchte das über einen Makler verkaufen. Wie sieht die übliche Vorgehensweise eines solchen Immobilienbesitzers aus?
Georg Ortner: Der Eigentümer wird sich erkundigen: Was kommt auf ihn an Steuern zu? Wie viel müsste man an die Miteigentümer ausbezahlen? Ist der erhoffte Preis realistisch? Gute Makler haben darauf eine Antwort, indem sie beispielsweise einen Ratgeber oder eine sonstige Broschüre zum Download oder eine Online-Richtwertermittlung anbieten. Und natürlich ein Gespräch mit den einzelnen Eigentümern über die unterschiedlichen Erwartungen führen.
Immowissen.com: Beauftragt man zwei Immobilienmakler zur Bewertung einer Immobilie, kommen häufig große Wert-Unterschiede heraus. Dies gilt auch, wenn man die klassischen Online-Bewertungstools nutzt. Wie kommt das?
Georg Ortner: Immobilienbewertungen können immer nur einen Richtwert bieten. Das gilt auch für den Fall, dass Immobilienmakler in einem ersten Wurf dem Interessenten eine Bewertung übermitteln, ohne dass jemand vor Ort war. Unterschiedliche Ergebnisse kommen meist über unterschiedliches Marketing zustande. Dementsprechend sollte man noch einmal das genaue Vorgehen erfragen und sich für den entscheiden, der die meisten Aktivitäten bietet und nicht nur den höchsten Preis verspricht. Am besten ist es, wenn der Immobilienmakler sich direkt vor Ort in dem Objekt mit dem Eigentümer trifft und sich dort umschaut. Erst dann kann man relativ treffsicher die Spannweite eines möglichen Verkaufspreises ermitteln.
Immowissen.com: Ist es nicht für den Makler sehr verführerisch, wenn er Kunden ködern möchte, zunächst eine möglichst hohe Immobilienbewertung in den Ring zu werfen?
Georg Ortner: Eine hohe Zahl muss natürlich immer begründet sein, sonst ist sie als solche nicht viel wert. Je höher eine Immobilienbewertung ausfällt, desto mehr muss der Makler in der Lage sein, mit Geld in Vorleistung an den Markt zu gehen.
Immowissen.com: Wie sehen diese Vorleistungen aus?
Georg Ortner: Was vielen nicht klar ist, ist die Tatsache, dass alleine die Bewerbung einer hochwertigen Immobilie den Makler schnell bis zu 5.000 Euro kosten kann. Geld, das er vorstrecken muss. Online-Anzeigen kosten Geld, Print-Anzeigen sowieso, auch Aushänge in Schaufenstern sind nicht umsonst. Hinzu kommen bis zu 100 Arbeitsstunden, die ein Immobilienmakler so manches Mal investieren muss, ehe er eine hochwertige Immobilie zu einem wirklichen Top-Preis veräußert hat. Der Makler investiert Geld für den höheren Kaufpreis und ist in der Lage, dies auch zu begründen. Nur Semi-Makler liefern einen hohen Kaufpreis, ohne eine genaue Vorgehensweise zu erklären. Fast wie im Basar. Hoch rangehen und dann stark nachlassen. Dementsprechend verliert auch die Immobilie an Reputation und damit am Kaufpreis
Er oder Mitarbeiter von ihm müssen nachtelefonieren, Termine koordinieren. Oft mit Menschen, die am Ende dann doch nicht kaufen. Auch Personalkosten sind aber Kosten. Dann muss er selber seine Miete zahlen, seine Versicherungen, seinen Dienstwagen, um zu Besichtigungsterminen fahren zu können.
Ein hochwertiges Exposé kostet schnell mal 1.000 Euro. Teils sind Videoaufnahmen mit Drohnen enthalten, welche Aufnahmen der Liegenschaft von oben zeigen. Diese Aufnahmen mussten aber vor der Veröffentlichung gesichtet und geschnitten werden. Ein Texter macht sich Gedanken, wie sich die Immobilie gut beschreiben lässt. Ein Mitarbeiter sitzt leicht fünf oder acht Stunden an nur einem Exposé. Bevor ich überhaupt zu Portalen wie Immobilienscout komme, sind also die ersten 1.000 Euro auf jeden Fall weg. Grundsätzlich kann man festhalten, dass Maklerteams besser und effizienter arbeiten als Kleinstbüros mit ein oder zwei Mitarbeitern.
Dann muss sich der Immobilienmakler mit unbrauchbaren Grundrissen herumschlagen, die er vom Eigentümer aus den 1970er Jahren erhalten hat. Das muss alles dann ebenso neu grafisch aufgesetzt und in Szene gesetzt werden. Auch das kostet Geld und Zeit. Und auch hier kann der Makler helfen. Denn nicht jeder kann einen Grundriss neu zeichnen. Oft ist der mittlerweile auch dreidimensional gewünscht.
Immowissen.com: Aber ohne eine Detail-Bewertung vor Ort geht es doch kaum, oder?
Georg Ortner: Das ist klar. Eine wirkliche Bewertung kann natürlich nur dann gemacht werden, wenn man die Immobilie vor Ort inspiziert hat, wozu Tests gehören: Wie sind die Sanitäranlagen? Wie ist der Boden? Wie ist die Stromversorgung? Wie viele Steckdosen gibt es? Ist das Objekt hellhörig oder liegt es an einer sehr lauten Straße? Kühlt es schnell aus? Hört man ständig den Nachbarn? Gibt es einen Aufzug oder muss man Treppen steigen? Gibt es im Kellerverschlag Licht oder ist es dort, was in Altbauten vorkommen kann, eher dunkel? Im schlimmsten Fall sogar feucht?
Wichtig ist zudem: Was sagen die Eigentümerprotokolle aus? Sind dort Diskussionen der Miteigentümer im Haus rund um Schimmelbefall oder größere Sanierungsprojekte, die anstehen? Wie sieht die Finanzlage im ganzen Haus aus? All das muss in eine gute Bewertung einfließen. Eine Instandhaltungsrücklage von unter 100.000 Euro ist beispielsweise in einem fünfstöckigen Altbau in Berlin zu wenig. Alleine eine neue Gaszentralheizung kostet eine Eigentümergemeinschaft schnell mal an die 40.000 Euro.
Immowissen.com: Was ist sonst noch wichtig?
Georg Ortner: Ganz wichtig ist für den Immobilienverkäufer, wie er seine Immobilie überhaupt präsentiert oder durch einen Makler präsentieren lässt. Ist das Haus, die Wohnung, gepflegt und auf Vordermann gebracht? Das ist wie bei einer Fahrzeugbewertung. Wenn du im Auto drei Jahre geraucht hast und das Auto stinkt, ist es vielleicht nur noch 3.000 Euro wert. Wenn es aber dem Papst gehört hat, vielleicht 70.000.
Sind überall Rostflecken und Dellen, kann das den Preis mehr herunterdrücken als die Anzahl der Fahrkilometer. Am Ende ist ein Immobilienwert immer der Wert, den jemand bereit ist, dafür zu bezahlen. Das variiert und ist wie bei einer Bank: Ein Immobilien-Beleihungswert wird von der einen zur anderen Bank schwanken. Je nachdem, an wen man gerät und was welcher Bank gerade besonders wichtig ist.
Immowissen.com: Worin liegt der zentralste Wert eines Immobilienmaklers?
Georg Ortner: Ein Makler kann sehr zum Erfolg des Verkaufspreises beitragen, indem er es rhetorisch gut macht und sich wirklich bemüht, das bestmögliche Finanzergebnis für seinen Kunden herauszuholen. Das ist eine Kunst für sich. Nur vom Hinstellen verkauft man keine Wohnung, kein Haus. Ein Qualitätskriterium ist auch, wie viele Jahre ein Immobilienmakler bereits am Markt ist. Wer sich lange hält, ist in der Regel wirklich gut. Die unseriösen Makler haben eher eine kurze Halbwertszeit.
Immowissen.com: Gibt es eine repräsentative Studie, die besagt, wie hoch der durchschnittliche zeitliche Aufwand eines Maklers bis zum erfolgreichen Immobilienverkauf beträgt?
Georg Ortner: Sowas kann
man eigentlich nicht sagen. Ein Durchschnittswert würde da auch nicht viel
bringen an Wissenserweiterung. Je höher der Preis, desto schwieriger die
Vermarktung. Klar ist auch, dass der absolute Provisionsanteil umso höher ist,
je höher der Verkaufspreis ist.
Aber ein solcher Makler
trägt eben oft auch maßgeblich dazu bei, wie hoch dann tatsächlich der
Verkaufspreis ist. So mancher Privatverkäufer hat im Nachhinein selbst
festgestellt: Hätte man die 500.000-Euro-Wohnung über einen Makler verkauft,
wären es vielleicht 580.000 Euro geworden. Ein Makler hat oft sehr
gute Kontakte zu möglichen Investoren. Der Immobilienbesitzer will keinen
marktüblichen Preis. Er will den höchstmöglichen Preis. Das heißt: Jeder
Eigentümer muss sich fragen: Geht es mir um den billigsten Makler oder den
höchsten Immobilienpreis? Einen Top-Preis?
Immowissen.com: Nach Ihrer jahrelangen umfangreichen Expertise zu urteilen: Was also macht einen guten Makler aus?
Georg Ortner: Ein guter Makler verwendet immer eine Leistungsgarantie. Er übergibt bei Vertragsabschkuss eine klare Timeline, in welchem Zeitraum er was macht mit welchen Werbemaßnahmen auf welchen Portalen. Gute Immobilienmakler sprechen jeden Schritt mit dem Eigentümer ab – vom Exposé bis zu den Besichtigungen. Er gibt die Leistungsgarantie sowohl bei der Präsentation vor dem Eigentümer als auch auf der Homepage. Ein guter Makler verteilt immer Dienstleistungen, nicht angebliche Heldenleistungen.
Immowissen.com: Was sind denn die größten Fehler eines Privatverkäufers?
Georg Ortner: Der Fehler
von Privatverkäufern ist häufig, dass sie Vergangenheit verkaufen. Der Makler
verkauft hingegen Zukunft. So führt der 60-jährige Eigentümer den 30-jährigen zukünftigen
möglichen Eigentümer durch die Wohnung und erklärt, wie er da einst wohnte: „Schauen
Sie, da hat mein Sohn immer Brettspiele aufgebaut und dort haben wir immer als
Familie zusammen zu Weihnachten gegessen. Und vor 30 Jahren hat mein Mann dort
diesen Baum gepflanzt.“
Zu viele Privatgeschichten
turnen aber einen möglichen Käufer ab. Nichts ist so schlimm wie der Mief von
gestern. Keiner kauft gerne die Vergangenheit. Jeder denkt sich: Wie ist es, wenn
ich da mal mit meiner Frau wohne, meinem Hund, meinen Kindern. Hinzu kommt: Wir kaufen gerne,
bekommen aber ungerne was verkauft. Viele Privatverkäufer sind zu aufdringlich,
haben zu wenig Distanz zu ihrer eigenen Sache. Das nervt mögliche
Kaufinteressenten. Obendrein drückt es den Preis. Privatverkäufer
inflationieren sich oft selber durch zu viel Gequatsche.
Doch gibt es ebenso
Makler, die zu viel auf Biegen und Brechen verkaufen wollen und zu wenig Ruhe
zeigen, um sich etwas abkaufen zu lassen. Der Verkäufer kauft den Makler, weil
er von ihm Hilfe erwartet und erhofft. Und der Käufer kauft die Liegenschaft,
weil er in sein Leben investieren will. Das muss man sich immer wieder
klarmachen. Diesen Spagat muss man hinkriegen. Und das ist letztlich das Erfolgsgeheimnis
eines guten Immobilien-Deals – für den Käufer, den Verkäufer und letztlich dann
auch den Makler.
Immowissen.com: Wir bedanken uns für das Gespräch.
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oder www.immowissen.com