auch für die Immobilienbranche stehen der Schutz und die Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle. Zur Unterstützung der Wirtschaft hat die Politik in einem beeindruckenden Tempo eine Fülle von Gesetzen und Verordnungen auf den Weg gebracht. Dennoch gibt es dringenden Handlungsbedarf, um die Funktionsfähigkeit des Immobilienmarktes sicherzustellen. Wohnen ist ein elementares Grundbedürfnis. Um dieses zu erfüllen, bedarf es einer gesunden und stabilen Immobilienwirtschaft. Zudem sind Immobilien ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Die Marktteilnehmer haben mit ihrem Verhalten einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass der deutsche Immobilienmarkt robust und stabil ist. Diese Stabilität muss im Interesse aller, Mieter wie Eigentümer, auch in Zeiten der Krise gewährleistet sein. Wirtschaftsexperten haben dem deutschen Immobilienmarkt in den letzten Jahren eine dynamische Entwicklung bescheinigt. Die Marktlage insbesondere in den Großstädten und attraktiven Stadtrandlagen ist von einer immensen Nachfrage geprägt, die auch in Zeiten der Corona-Pandemie nichts von ihrer Dringlichkeit verloren hat. Angesichts der Corona-Pandemie zeigt sich verstärkt, wie wichtig die Digitalisierung der Prozesse und Services ist, um die in den vergangenen 70 Jahren erreichte Stabilität des Marktes nicht zu gefährden. Die Schritte und Abläufe im Rahmen der Vermietung/Anmietung und des Kaufs/Verkaufs einer Immobilie sind bislang gerade im Vergleich zu anderen Branchen und Ländern noch viel zu bürokratisch, analog und offline. Sie müssen schnell und vehement der veränderten Situation in der Corona-Krise angepasst werden, um den Immobilienmarkt zugunsten aller Marktteilnehmer/-innen – der Anbieter, der Wohnungsunternehmen, der Immobilienverwalter, der Vermittler und der Immobiliensuchenden – aufrechtzuerhalten. Diese neuen Herausforderungen werden nicht nur temporär sein, denn auch die Immobilienwirtschaft wird nach Bewältigung der Corona-Pandemie eine andere sein.
Was wir jetzt gemeinsam umsetzen müssen:
a) Markt-Stillstand, Branchen-Kollaps und volkswirtschaftlichen Schaden verhindern
b) Grundlage der Wirtschaft – Marktaktivität inkl. Transaktionen – sicherstellen
c) Wohnungswechsel und Immobilienkauf/-verkauf jederzeit uneingeschränkt ermöglichen
d) Digitalisierung aller physischen Kontaktpunkte im Prozess beschleunigen
Unser 10-Punkte-Programm für einen funktionierenden Immobilienmarkt in der Krise und der
Zeit danach:
1.
Baugenehmigungsverfahren digitalisieren und beschleunigen
Die Notwendigkeit, 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen, besteht trotz Corona-Krise unverändert fort. Insofern muss die fortlaufende Bautätigkeit sichergestellt werden, sowohl durch die Fortsetzung der Bautätigkeit selbst als auch durch eine fortgesetzte Digitalisierung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren. Hier sind Länder und Kommunen gefordert, die bereits auf dem Wohngipfel im Jahr 2018 beabsichtigten Maßnahmen rasch umzusetzen und die vom Digitalisierungslabor der Bundesregierung entwickelten Referenzprozesse in reale Prozesse zu überführen.
2.
Staatliche Beantragung und Bewilligung beim Wohngeld erleichtern und
beschleunigen
Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber Beschränkungen bei der Kündigung von Miet- oder Pachtverhältnissen vorgesehen. Demnach können Vermieter ihren Mietern nicht kündigen, wenn sie aufgrund der aktuellen Situation ihre Miete für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 nicht zahlen können. Damit Vermieter auch ihren Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern oder Vertragspartnern nachkommen können und die Nachzahlungsverpflichtung auf Mietrückstände für Mieter beherrschbar bleiben, müssen staatliche Sicherungssysteme, wie insbesondere das Wohngeld, schnell und unbürokratisch greifen. Neben einer Absenkung der Hürden für die Bewilligung von Wohngeld und einer erleichterten Plausibilitätsprüfung muss der Antragsund Bewilligungsprozess digitalisiert werden. Es ist für ein schnelles Bewilligungsverfahren problematisch, dass nach wie vor in kaum einem Bundesland das Wohngeld von den Bürgern online beantragt werden kann.
Wir möchten die Politik ermutigen – auf der Ebene von Kommunen und Bundesländern – formale Kontaktbeschränkungen für Immobilienbesichtigungen weitestmöglich zu vermeiden. Wir verpflichten uns als Immobilienbranche dazu, alle notwendigen hygienischen Empfehlungen einzuhalten, um dazu beizutragen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Insbesondere verpflichtet sich die Immobilienwirtschaft, persönliche Besichtigungen auf ein sinnvolles Minimum zu reduzieren und stattdessen den Einsatz digitaler Lösungen, wie beispielsweise aufgezeichnete Video-Rundgänge, auszubauen. Zudem strebt die Immobilienwirtschaft einen massiven Ausbau der Nutzung virtueller (Live)- Besichtigungen an. So kann eine ausreichende Vorselektion sichergestellt werden, um die Zahl der Wohnungsbesichtigungen zu minimieren. Wir rufen den Gesetzgeber dazu auf, das Widerrufsrecht bei Mietverträgen im Fernabsatz dahingehend anzupassen, dass Mieter/- innen nicht deshalb widerrufen können, weil sie das Objekt nicht persönlich, sondern nur virtuell besichtigt haben.
4. Finanzierung von Immobilientransaktionen sicherstellen
Der
Markt benötigt weiterhin den Zugang zu verantwortungsvollen Finanzierungen.
Auch in Zeiten
von großer Unsicherheit ist ein volatiler Markt nur mit verlässlichen Kredit-
oder Hypotheken-Zusagen
möglich. Auch hier gilt, dass alle notwendigen Schritte zu einer Finanzierungs-Zusage
idealerweise in digitaler Form und ohne persönlichen Kontakt möglich
gemacht werden müssen. Im Hinblick auf die Immobilienbewertung sollte die BaFin schnellstmöglich
die Rahmenbedingungen schaffen, um Besichtigungen auch in digitaler Form
für größere Objekte und Darlehen zu ermöglichen, ohne dass nur aus diesem Grund eine
Wertminderung anzusetzen ist.
5.
Zugang zu allen Transaktionsunterlagen in digitaler Form gewährleisten
Alle
notwendigen Unterlagen für eine Transaktion sollten von den Marktteilnehmern
digital und
barrierefrei von allen Institutionen, Behörden und Ämtern bezogen werden
können. Dazu
gehören auch Grundbucheinträge und andere Informations- und Dokumentenanfragen.
Auf die vollständige Erfassung des Personalausweises durch den Makler
im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz sollte bei einem offensichtlich
geringen Risiko der Geldwäsche verzichtet werden, so dass die Parteien diese Duplikate
anfertigen und an den Makler übersenden können.
6.
Auf papierlose Bewerbungs- und Vertragsunterlagen umstellen
Als Immobilienbranche verpflichten wir uns, Rechtsgeschäfte in digitaler Form zu ermöglichen und zu vereinfachen. Die gesetzliche Grundlage dafür ist schon im §126a des BGB geschaffen worden. Auf diese Weise kann nicht nur der Markt in der aktuellen Situation vor Stillstand bewahrt werden, sondern auch die Vermietung und der Verkauf von Immobilen zugunsten aller Marktteilnehmer deutlich vereinfacht und möglichst kontaktlos gestaltet werden.
7.
Notariatstermine absichern und Digitalisierung wagen
Die
Beurkundung von Kaufverträgen ist essenziell für einen funktionierenden Immobilienmarkt.
Angesichts der aktuellen Situation muss sichergestellt werden, dass Notare
weiterarbeiten und beurkunden können, um einen Stillstand des Transaktionsgeschehens
zu verhindern. Digitale Lösungen wie die Nutzung von Videokonferenzen
und die Nutzung von Online-Identifikationsverfahren können hier einen wichtigen
Beitrag leisten, wenn eine physische Anwesenheit der Parteien oder ihrer Vertreter
nicht möglich ist.
8. Rechtssichere Übergabe von Miet- und Kaufgegenständen
9.
Eigentümerversammlungen auch online ermöglichen
Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie, sondern auch aufgrund der heterogenen Eigentümerstrukturen ist es unabdingbar, dass Eigentümerversammlungen zukünftig auch online stattfinden können und somit eine Teilnahme per Online- oder Videokonferenz ermöglicht wird. Dies trägt zu einem breiten Entscheidungsprozess innerhalb der Gemeinschaften bei. Leider sieht der Gesetzgeber dies noch nicht im aktuellen Reformvorhaben des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vor. Das, was für Vereins- und Aktienrecht gilt, sollte auch im Wohnungseigentumsrecht angewendet werden.
10.
Digitale Online-Schulungen als Weiterbildungsnachweis fördern und ausbauen
Gemeinsam befürworten und unterstützen wir die fachliche Schulung und gesetzlich geregelte Weiterbildungspflicht von Immobilienvermittlern, Maklern und Immobilienverwaltern. Gleichzeitig halten wir die Einführung eines verpflichtenden Sachkundenachweises aufgrund der verantwortungsvollen Tätigkeit für notwendig. Neben Präsenzschulungen sollten angesichts der Corona-Pandemie Online-Seminare und Webinare deutlich stärker als bisher angeboten und genutzt werden. Dabei ist sicherzustellen, dass Lernerfolgskontrollen, sofern sie für das Selbststudium notwendig sind, integriert und entsprechend validierte Teilnehmernachweise erstellt werden.
Unser Appell: In Zeiten von sozialer Distanz #GemeinsamDurchDieKrise
Wir würden uns sehr über Ihre Rückmeldung und die Möglichkeit zu einem virtuellen
Gesprächstermin freuen!
die Unterzeichner der Verbände und Unternehmen